Tag 1
Zum dritten und letzten Empowerment-Workshop in diesem Jahr durften wir an dem Wochenende vom 11. bis 12. Juni asiatische Eltern, vorranging aus Vietnam, aber auch aus Korea und China, begrüßen. Neben dem Empowerment-Workshop für die Eltern haben wir auch ein Kinderprogramm „KidsPower – mit Vielfalt, ohne Diskriminierung!“ für die Kinder der teilnehmenden Eltern angeboten. Mehr dazu finden Sie hier. Der Workshop fand in Kooperation mit dem Divan e.V. im Interkulturellen Stadtteilzentrum Divan in Charlottenburg Wilmersdorf statt.
Spielerisch startete die Kennenlernrunde gemeinsam mit den Eltern und Kinder. Als Familie sollten die Teilnehmer*innen ein Bild aus verschiedenen Materialien erstellen, welches zeigen soll, was sie gern zusammen als Familie unternehmen. Tolle Bilder sind dabei entstanden, die Aktivitäten wie Schwimmen am Meer oder auch gemeinsames Wandern in den Bergen zeigen. Neben der Vorstellung der Bilder stellten sich die einzelnen Teilnehmer*innen auch kurz vor und lernten sich alle dadurch ein wenig kennen.
Im Anschluss daran wurde die Gruppe in ihre Workshops eingeteilt. Die Eltern konnten sich nun auf den Empowerment-Workshop für asiatische Eltern konzentrieren, während die Kinder in ihrem Kinderworkshop kunsttherapeutisch betreut wurden.
Zunächst sollten sich die Eltern in kleinen Gruppen einfinden und gemeinsam besprechen, welche Anliegen und Themen sie gerne während dieses Workshops diskutieren und bearbeiten möchten. Zusammen kamen schließlich eine Menge Themen, die unter vier große Kategorien eingeteilt werden konnten:
Nach einer gemeinsamen Mittagspause und einer Bewegungseinheit mit den Kindern fanden sich alle Teilnehmer*innen wieder im Plenum ein und stimmten darüber ab, welche von den genannten Themen sie zunächst bearbeiten wollen. Die Mehrheit entschied sich dabei für das Thema “Kinder unterstützen nach Ausgrenzungserfahrungen bzw. Diskriminierung”.
Sofort fingen die ersten Eltern an, über die Erfahrungen ihrer Kinder zu berichten. Eine Mutter erzählte davon, wie sie nicht wusste, was sie ihrem Kind antworten sollte, nachdem es immer wieder nicht zu den Geburtstagsfeiern seiner Freund*innen eingeladen wurde. Ein anderes Kind wurde im Kindergarten von einem anderen Kind rassistisch beleidigt. Als die Mutter das bei der zuständigen Erzieherin meldete, nahm sie dies gar nicht ernst und wimmelte sie ab mit den Worten: “Ach, der will nur Aufmerksamkeit. Beachten Sie ihn einfach nicht.” Ein Mädchen berichtete zu Hause, dass andere Kinder vor ihr immer ihre Augen zu Schlitzen verziehen, und fragte ihre Eltern, was dies bedeute. Schnell wurde klar, dass enorm viele Kinder der teilnehmenden Eltern bereits im sehr jungen Alter Diskriminierungserfahrungen machen müssen. Umso wichtiger war es für die Eltern nun, im Workshop zu erlernen, wie sie ihren Nachwuchs schützen und zugleich stärken können. Durch den gemeinsamen Austausch sowie die Leitung des Workshopleiters Toan Nguyen konnten viele wertvolle Aspekte zum Thema zusammengefasst werden. Beispielweise sei es im Hinblick auf die Kinder wichtig, sie stets ernst zu nehmen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihnen auch Handlungsstrategien für die Zukunft mitzugeben. Da Eltern für Kinder eine Vorbildfunktion einnehmen, sei es immens wichtig, dass sie selbst ihren Kindern gegenüber Stärke ausstrahlen und auch ihre Haltung kindgerecht demonstrieren. Viele erzählten auch, wie wichtig Familienrituale für sie seien, in dem offen erzählt und geredet werden, und wodurch eine starke und vertrauensvolle Bindung in der Familie entstehen könne.
Gemeinsam mit den Kindern wurde dann schließlich der erste Tag reflektiert und beendet. Alle waren gespannt, was sie am zweiten Tag nun erwarten wird.
Der zweite Tag des Empowerment-Workshops für asiatische Eltern begann mit einer Morgenrunde mit den Kindern. Jede Familie bekam dafür ein Stück Ton, den sie gemeinsam kneten und zu einer Kugel formen sollten. Anschließend fassten jeweils ein Elternteil und ein Kind gemeinsam die Kugel an, sodass von beiden auf jeder Seite der Kugel Fingerabdrücke entstanden. Die kleinen Kunstwerke wurden dann wieder eingesammelt, gebrannt und beim Sommerfest ausgestellt.
Nach der Morgenrunde wurde die Gruppe wieder getrennt. Die Eltern befassten sich nach einer kurzen Reflexionsrunde damit, wie sie Diskriminierung erkennen können. Gemeinsam wurde dazu ein Brainstorming durchgeführt. Zunächst wurden Gründe für Diskriminierungen genannt, wie beispielsweise die Herkunft, Kultur, Sprache, Religion, Geschlecht und Behinderung. Daran anknüpfend wurden durch verschiedene Erfahrungsberichte der Teilnehmer*innen unterschiedlichste Diskriminierungsformen, wie z.B. verbale oder nonverbale, zusammengetragen. Am Ende entstand eine große Übersicht, die nun allen helfen sollte, in Zukunft besser Diskriminierung zu erkennen und zu benennen.
Als nächstes konnten sich alle Eltern ein wenig zurücklehnen und dem Workshopleiter lauschen. Dieser brachte eine Reihe an interessanten und tollen Bücher zum Thema Diskriminierung und anti-asiatischen Rassismus für Groß und Klein mit und stellte diese vor. Begeistert notierten sich die Eltern einige Bücher wie “Was ist Rassismus?” und “Rassismus geht uns alle an”, die versuchen, das Thema kindgerecht zu vermitteln. Für Eltern selbst könnten Lektüren wie “Störgefühle”, “Wie erkläre ich Kindern Rassismus?” und “Empowerment als Erziehungsaufgabe” interessant sein. Neben diesen Sachbüchern stellte Toan aber auch noch sehr schön illustrierte Kinderbücher zum Schmökern vor (z.B. “Oma trinkt im Himmel Tee”, “A Different Pond” und “Going Home, Coming Home”).
Nun war es wieder Zeit für eine gemeinsame Mittagspause mit den Kindern. Dabei wurde lecker gegessen, viel geplaudert und dem Klavierspielen einiger begabter Kinder gelauscht.
Erholt und mit den neuen Eindrücken aus dem Workshop erfüllt, tauschten sich die Eltern über eigene Erzählungen und Geschichten aus, die ihren Kindern helfen könnten, ihre Identität als Asiat*innen in der Gesellschaft zu stärken. Viele erzählten, dass sie weiterhin traditionelle Feste und Kulturbräuche ihren Kindern weitergeben, um sie so an ihre asiatischen Wurzeln zu erinnern. Andere wiederum versuchen oft, mit ihren Kindern in ihre Herkunftsländer zu reisen. Sehr vielen Eltern ist es auch sehr wichtig, dass die Kinder neben der deutschen Sprache auch die Sprache ihrer Herkunftsländer beherrschen. Unter den Teilnehmer*innen gab es sogar einige Eltern, die ein vietnamesisches Sprachcafé für vietnamesische Eltern und Kinder gegründet haben, bei dem vor allem die Förderung der vietnamesischen Sprache bei den Kleinen im Fokus stehen soll.
Schließlich kamen die Kinder hinzu und stellten den Eltern im großen Plenum ihre Kunstwerke aus dem parallellaufenden Kinderworkshop vor, an denen sie seit zwei Tagen arbeiteten. Somit ging auch schon der zweite Tag des Empowerment-Workshops für asiatische Eltern zu Ende. Bis zum zweiten Teil des Empowerment-Workshops an dem Wochenende vom 25. bis 26. Juni 2022 hatten alle nun ein wenig Zeit, die neuen Eindrücke und das neu Erlernte zu verarbeiten und reflektieren.