Tag 3
An dem Wochenende vom 04. bis 05. Juni fand unser zweiter Teil des Empowerment-Workshops mit asiatischen Senior*innen statt. Die Teilnehmenden waren schon sehr gespannt, was sie nun in den nächsten beiden Tagen erwarten wird.
Nach einer Begrüßungsrunde nahmen sich alle kurz Zeit, um den ersten Teil des Workshops zu reflektieren. Die Teilnehmenden sollten sodann anhand einer Postkarte, die in der Mitte des Raums verteilt waren, zeigen, an welcher Stelle sie nun im Empowerment-Prozess nach der ersten Runde stehen. Bemerkenswert war dabei, dass die meisten sich schon sicherer im Umgang mit den Themen wie „Diskriminierung“ und „Rassismus“ sahen. Dennoch wünschten sie sich noch mehr Austausch und Wissen zu den Themen.
Vor allem zum Thema „Rassismus“ war das Interesse so groß, dass der Fokus für die kommende Einheit auf dieses Thema gelegt wurde. Um zunächst gut einsteigen zu können, wurde gemeinsam die interaktive Übung „Rassismusbarometer“ durchgeführt. Hierfür wurden verschiedene Szenarien und Situationen den Teilnehmenden vorgestellt, zu denen sie Stellung nehmen sollten, indem sie sich entlang des Rassismusbarometers positionieren. Bei vielen Situationen waren sich die Teilnehmenden sehr einig, dass es ein Fall von Rassismus sein musste. Doch es gab auch Beispielsituationen, in denen die Teilnehmenden verschiedener Ansichten waren. So fanden beispielsweise einige Teilnehmer*innen es höchstproblematisch und rassistisch, dass eine weiße Schauspielerin in einer asiatischen Verfilmung eine asiatische Heldin verkörperte. Andere hingegen sahen darin keinen Rassismus. In kleinen Gruppen sollten die Teilnehmer*innen sodann ihre Stellungnahmen begründen und diskutieren. Die Ergebnisse wurden dann im Plenum ausgetauscht und weiterdiskutiert. Dabei wurden noch wertvolles Hintergrundwissen von der Workshopleitung und einigen Teilnehmer*innen ergänzt.
Danach haben sich die Teilnehmer*innen erst einmal eine ordentliche Mittagspause verdient. Nach dem gemeinsamen Mittagessen waren alle auch schon wieder produktiv und arbeiteten gemeinsam am „ABC der Diskriminierung“. Die Aufgabe hierbei war, für jeden Buchstaben ein Wort zu finden, das mit den Themen „Altersdiskriminierung“, „Rassismus“ und „Selbstbestimmung“ zu tun hat. Sehr schnell konnten die Senior*innen das ABC mit vielen interessanten Begriffen füllen. Anschließend sollten sie sich die wichtigsten Begriffe heraussuchen, über die sie sich dann in der Gruppe noch weiter unterhalten sollten.
Als letzte Übung des Tages fanden sich die Teilnehmer*innen in kleineren Gruppen zusammen und diskutierten, inwieweit sie von Altersdiskriminierung betroffen waren bzw. noch sind. Die Ergebnisse sollten dann am nächsten Tag anfangs im Plenum vorgestellt werden.
Der letzte Tag des Empowerment-Workshops begann mit einer Guten-Morgen-Runde, die sehr schnell in eine ausführliche Diskussion über Diskriminierung und Rassismus, insbesondere über anti-asiatischen Rassismus überging. Gemeinsam wurde erörtert, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt. Unser Workshopleiter Toan steuerte dazu auch viel theoretisches Wissen bei und erklärte den teilnehmenden Senior*innen auch die geschichtlichen Hintergründe. Daneben teilten auch viele ihre schmerzhaften Erfahrungen mit anti-asiatischem Rassismus, die leider nicht nur damals, sondern heute weiterhin passieren.
Im Anschluss daran präsentierten die Teilnehmer*innen ihre Ergebnisse vom Vortag aus der Gruppendiskussion über Altersdiskriminierung. Erstaunlicherweise berichtete niemand von Diskriminierungserfahrungen aufgrund des Alters. Ganz im Gegenteil: viele erzählten von positiven Erfahrungen, zum Beispiel, dass Ihnen immer Plätze in vollen Bahnen angeboten, oder dass sie eher mit mehr Respekt behandelt werden, je älter sie sind. Doch es gibt auch einige Senior*innen, die sich durch die rasante Digitalisierung abgehängt und somit indirekt diskriminiert fühlen. Auch strukturelle Ungleichbehandlungen im Gesundheitsbereich mussten viele Senior*innen erfahren. Beispielsweise gibt es in diesem Bereich kaum muttersprachliche bzw. migrationssensible Angebote, sodass ihnen der Zugang erschwert, wenn nicht sogar dadurch verwehrt wird.
Nach der Mittagspause sollten die Teilnehmer*innen sich Zeit nehmen und in sich gehen. Dabei sollten sie versuchen zu reflektieren, welche Stärken sie besitzen, die ihnen im Umgang mit Diskriminierungserlebnissen helfen. Anschließend unterhielten sich die Teilnehmer*innen in kleinen Gruppen darüber und hielten die Ergebnisse fest, die dann im Plenum besprochen wurden. Es entstand schließlich eine Reihe an verschiedenen Handlungsstrategien, die sich für alle als sehr hilfreich für die Zukunft darstellten.
Zuallerletzt wurde noch diskutiert, wie man gemeinsam aktiv gegen Diskriminierung werden kann. Einige schlugen vor, eine Lesegruppe zu bilden, in der Texte zu diesen Themen gemeinsam gelesen wird, um so das Wissen zu vertiefen und zu erweitern. Mit diesem gewonnenen Wissen könne so eine Analyse der gesellschaftlichen und auch rassistischen Verhältnisse vorgenommen werden, die schließlich dazu führen kann, dass wir besser begreifen, wie wir Rassismus verhindern und auch vorbeugen können. Wenn dies gelingt, dann bauen wir nicht nur rassistische Diskriminierung ab, sondern erreichen damit auch das Empowerment von Betroffenen.
Mit diesen motivierenden Überlegungen und gewappnet mit vielen neuen Erkenntnissen und Wissen können die teilnehmenden Senior*innen nun nach diesem viertägigen Empowerment-Workshop selbstbewusster und empowerter mit Diskriminierung und Rassismus umgehen.