Der zweite Fachtag „Liebe (asiatische) Senior*innen, wie geht’s Ihnen heute?“ fand am 01. Dezember 2022 unter der Schirmherrschaft der Beauftragten des Berliner Senats für Integration und Migration, Katarina Niewiedzial, statt. Jetzt ist die ausführliche Dokumentation zur Veranstaltung erschienen!
Katarina Niewiedzial
Beauftragte des Berliner Senats für Integration und Migration
Berlin hat sich gesetzlich verpflichtet, die Partizipation, also die Beteiligung von Menschen mit Migrationsgeschichte wirklich zu stärken. Das bedeutet, dass wir vielmehr Gremien in der Stadt haben, wo wir die stimmen und die Menschen hören und ihre Bedarfe hören, mit ihnen gemeinsam Politik gestalten - Was genau wird gebraucht? Partizipationsbeiräte in den Bezirken, einen Landesbeirat auf Landesebene und natürlich auch ganz viele Migrant*innenselbstorganisationen, die sich auch in verschiedenen Netzwerken und Fachvernetzung zusammentun, um über diese Themen zu sprechen. Das versuchen wir zu ermöglichen, mit Ressourcen, mit Gesetzen, die aus unterstützen. Gleichzeitig wollen wir auch die Frage der Sprachkurse, auch nochmal für die älteren Menschen auf die Agenda setzen.
Aber wir sprechen gerade heute um die aktuelle Debatte, um die Einbürgerung. Wie kann man den Menschen, gerade den älteren, die Möglichkeit geben, einen deutschen Pass zu erlangen, ohne dass das Sprachniveau oder die Voraussetzung der Sprache so hoch ist wie bei anderen? Für die diese Lebensleistung ihnen am Ende oder an der letzten Phase des Lebens, die auch wirklich sehr lange dauert, auch einen deutschen Pass zu geben als Signal, nicht nur Danke zu sagen, sondern auch: Ihr seid Teil dieser Gesellschaft.
Gundula Bavendamm
Direktorin des Dokumentationszentrums Flucht, Vertreibung, Versöhnung
Nach der Migration, nach der Einwanderung, nach der Einreise ist die Integration. Das ist Ihr großes Thema hier. Und ich habe mich mit Ihren Unterlagen beschäftigt. Es wird deutlich, durch das, was ich lesen konnte, dass eben Integration im Grunde ein Lebenslanger Prozess ist. Und dadurch, dass viele von Ihnen schon lange hier sind, und dass Sie Sie jetzt eine andere Altersphase erreichen oder auch in Zukunft erreichen werden, ergeben sich daraus eben Fragen. Und diesen Fragen widmen Sie sich schon seit einigen Jahren und heute erneut an diesem Fachtag. Auch das ist ein Thema, was uns hier in der Institution sehr vertraut ist.
Wenn man an die deutsche Erlebnisgeneration denkt, die die Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt hat, hat das mindestens ein Menschenleben gedauert, bis diese Menschen wieder integriert waren - und oft eben sogar mehrere Generationen. Das ist ein langer Weg und ich finde es wunderbar, dass es Stellen in Berlin gibt, die sich speziell um diese Themen kümmern oder eben solche Fachtage, wie Sie sie veranstalten. Wir freuen uns. dass Sie unseren Ort als Veranstaltungsort gewählt haben, weil ich glaube, dass es eine große Gemeinsamkeit gibt zwischen der Art und Weise, wie wir arbeiten und Sie arbeiten.
Politische Partizipation bei Senior*innen mit Migrationsgeschichte-
Weshalb ist das notwendig und wie können wir das erreichen?
Das Highlight des Fachtags ist Die Podiumsdiskussion zum Thema "Politische Partizipation bei Senior*innen mit Migrationsgeschichte - Weshalb ist das notwendig und wie können wir das erreichen?". Die Besonderheit des Podiums war der direkte Austausch zwischen asiatische Senior*innen und verschiedenen Akteur*innen in der Migrations- und Senior*innenpolitik.
Die Gäste des Podiums waren drei Vertreterinnen des GePGeMi-Netzwerk asiatischer Senior*innen: Chajo An, Emi Norris und Bạch Dung Võ-Diệu, Referentin des Kompetenzzentrums Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe: Cristina Peirón Baehr, Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirat: Erwin Bender, Vorstandsmitglied des GePGeMi e.V.: Chi Vũ und die Schirmherrin, Katarina Niewiedzial, Beauftragte für Integration und Migration des Berliner Senats.
Es moderiert Dr. Chadi Bahouth, Politologe, Journalist, Trainer und Gestalttherapeut.
„Liebe (asiatische) Senior*innen, wie geht’s Ihnen heute?“ Unter diesem Titel fand am 01. Dezember 2017 der Fachtag zu den Zwischenergebnissen der ersten Studie zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Altersbilder von (ost‐)asiatischen Senior*innen in Berlin statt. Jetzt ist die ausführliche Dokumentation zur Veranstaltung erschienen!
Abbildung 1. Zufriedenheit mit der Gesamtheit des Fachtags
Im Anschluss an den Fachtag hatten die Teilnehmer*innen in der folgenden Woche die Möglichkeit, den Fachtag anhand einer Online-Befragung zu bewerten. An 72 Teilnehmer*innen wurde die Einladung verschickt, von denen 29 an der Evaluation teilgenommen (39,7%) haben.
Die Gesamtzufriedenheit mit dem Fachtag „Liebe asiatische Senior*innen, wie geht es Ihnen heute?“ ist sehr hoch. Insgesamt waren 85,7% der befragten Teilnehmer*innen mit dem Fachtag „sehr zufrieden“ (n=16) oder „eher zufrieden“ (n=14).
Abbildung 2. Zufriedenheit mit den Vorträgen
Eine deutliche Mehrheit ist zufrieden mit dem Vortrag II („sehr“ oder „eher“ zufrieden sind 93,1%, n=27). Geringer fällt die Zufriedenheit mit den Vorträgen III („sehr“ oder „eher“ zufrieden sind 77,4%, n=24) und I („sehr“ oder „eher“ zufrieden sind 66,7%, n=21) aus.
Mit der Organisation der Tagung sowie den Rahmenbedingungen sind die allermeisten Befragungsteilnehmer/innen zufrieden. In allen Bereichen liegt „sehr“ oder „eher“ zufrieden bei über 80%. Dies betrifft sowohl die Theatergruppe (100%) als auch die Moderation (80%) den Veranstaltungsort (92,6%), das Catering (100%). Insgesamt „sehr“ oder „eher“ zufrieden mit der Organisation waren 96,2% der befragten Teilnehmer/innen.
„Liebe (asiatische) Senior_innen, wie geht’s Ihnen heute?“
Erste Studie zu Bedürfnissen und gesundheitlicher Lage
ostasiatischer Senior_innen in Berlin
Die ‚Gesellschaft für psychosoziale Gesundheitsförderung bei Migranten/-innen in Berlin e.V.‘ (GePGeMi) führte die erste Studie zu Bedürfnissen und gesundheitlicher Lage ostasiatischer Senior_innen in Berlin durch und präsentierte die Zwischenergebnisse auf einem Fachtag im Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Integrationsbeauftragten des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorfs, Herr Leon Friedel, der die Begrüßungsrede hielt.
– Christof Rambke –
Für die Realisierung der Studie und der Präsentation der Zwischenergebnisse auf dem Fachtag kooperierte ein breites Bündnis aus asiatischen Migrantenselbstorganisationen: GePGeMi e.V., Japanische Fraueninitiative Berlin, Theatergruppe koreanischer ehemaliger Krankenschwestern, DeJaK-Tomonokai e.V., Danke Deutschland e.V., Vereinigung der Vietnamesen in Berlin & Brandenburg e.V.
Die Studie von GePGeMi e.V. liefert Verantwortlichen erste Anhaltspunkte dafür, wie sie auf ostasiatische Senior_innen in ihren Planungen eingehen können. Untersucht wurden japanische, koreanische und vietnamesische Ältere. Für die Studie wurde ein standardisierter Fragebogen verwendet und auf Japanisch, Koreanisch, Vietnamesisch und Deutsch übersetzt, der eine internationale Vergleichbarkeit der Ergebnisse ermöglicht.
Dr. Min-Sung Kim, erster Vorsitzender von GePGeMi e.V. und Gastdozent an der Alice-Salomon Hochschule, präsentierte die ersten Zwischenergebnisse der Studie. Im Vergleich zur deutschen Bevölkerung haben die Befragten ein deutlich höheres Bildungsniveau. Allerdings wird die physische und psychische Gesundheit subjektiv geringer eingeschätzt. Dies ist insbesondere bei Personen vietnamesischer Herkunft der Fall. Ältere Vietnamesen geben auch sehr deutlich mit ca. 70% an, dass sie sich benachteiligt fühlen, was bei Japanern und Koreanern viel seltener ist. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die traditionelle konfuzianische Einstellung, dass der Sohn sich um die altgewordenen Eltern kümmern soll, bei den Befragten kaum eine Rolle spielt.
Alle Herkunftsgruppen zeigen eine starke Präferenz dafür, auch im Alter in der eigenen Wohnung zu bleiben. Während allerdings Japaner und Koreaner die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst bzw. den Einzug in eine Wohnung in einem Pflegeheim als wichtige Optionen betrachten, ist die Erwartung bei den Vietnamesen durch die eigenen Kinder versorgt zu werden um ein vielfaches höher. Der Umzug in eine kultursensible Wohngemeinschaft ist für alle Gruppen eine weitere attraktive Möglichkeit. Alle Herkunftsgruppen zeigen eine starke Überzeugung, dass die Lebensqualität im Alter von der eigenen Initiative und Planung abhängt. Daher kann von großen Potenzialen für Selbstorganisation und Selbsthilfe unter den ostasiatischen Migrant_innen ausgegangen werden.
Ein sehr gutes Beispiel für Selbstorganisation ist der Deutsch-Japanische Verein für kultursensible Pflege, DeJak – Tomonokai e.V., dessen Arbeit von Frau Nozomi Spennemann vorgestellt wurde. Der Verein ist eine Koordinierungsstelle des japanischen Regierungsprogramms ‚Caravan-Mate‘ und bildet Ninchisho (Demenz)-Supporter in Deutschland aus. In dem Workshop ‚Von der Nachbarschaftshilfe zum Ehrenamt: Wie kann informelle Hilfe innerhalb der Community professionalisiert werden?‘ stellte Frau Nozomi Spennemann die neue Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Pflegeunterstützung (Kontaktstellen PflegeEngagement) vor. Erfahrungen und Herausforderungen bei der Unterstützung der japanischsprachigen Ehrenamtlichen durch die Kontaktstellen PflegeEngagement sowie Chancen der Übertragbarkeit des Modells auf andere Communities wurden diskutiert.
Andrea Müller vom Pflegestützpunkt Lichtenberg berichtete in einem weiteren Vortrag über die Beratung von vietnamesischen Pflegebedürftigen. Pflegestützpunkte aus Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg kooperieren mit ‚Reistrommel e.V.‘ und dem Verein ‚Humanität, Kultur-Sport e.V.‘, um die Beratung auf Vietnamesisch zu gewährleisten. Reistrommel e.V. hat dafür Projektgelder beantragt und das Dolmetschen übernimmt Frau Nguyen Thi Quyet Thang von ‚Humanität, Kultur-Sport e.V.‘.
Im Workshop ‚Gesellschaftliche Teilhabe‘ vertiefte Herr Dr. Min-Sung Kim (GePGeMi e.V.) die Untersuchungsergebnisse und diskutierte die Frage ‚Wie gesellschaftliche Teilhabe unter den ostasiatischen Migranten gefördert werden kann‘.
Im Workshop ‚Kultursensible Pflege‘, der von Christof Rambke (kom•zen) geleitet wurde, ging es zunächst darum, die Bedürfnisse ostasiatischer Älterer zu artikulieren, um mögliche Ansatzpunkte und Bedarfe für die interkulturelle Öffnung der Altenhilfe abzuleiten. Es wurde deutlich, dass es an mehrsprachigen Pflegeangeboten mangelt. Angebote im ambulanten Bereich sowie bei Wohngemeinschaften müssen noch geschaffen werden. Bestehende Angebote insbesondere im stationären Bereich müssen sich stärker interkulturell öffnen.
Mit der Studie und dem Fachtag hat GePGeMi e.V. einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Altenhilfesystems in Berlin geleistet. Die weiteren Auswertungen der Studiendaten werden über die gesundheitliche Situation und die Bedürfnisse ostasiatischer Älterer aufklären und eine gezieltere Planung von Angeboten und Diensten ermöglichen.
Dez. 2017
Christof Rambke (kom-zen)
In Zeiten des demografischen und gesellschaftlichen Wandels, der in Deutschland von Langlebigkeit und Zuwanderung geprägt ist, sind Altern und Alter vielfältiger geworden. Zu dieser wachsenden Heterogenität trägt auch die wachsende ethnische und kulturelle Differenzierung des Alters bei: Der Anteil der älteren Migrant*innen nimmt zu - mit steigender Tendenz. Von diesem demografischen und gesellschaftlichen Wandel und dessen Herausforderungen sind auch ohne Ausnahme die (ost-)asiatischen älteren Migrant*innen betroffen, die als Gast- bzw. Vertragsarbeiter*innen, Flüchtlinge oder aus unterschiedlichen persönlichen Gründen in den 1960er, 1970er oder 1980er Jahren in Deutschland einreisten, sich niederließen und hier auch die Lebensphase des Alters erleben werden.
Angesichts der steigenden Zahl älterer Migrant*innen aus (ost-)asiatischen Ländern sind Kenntnisse über ihre gesundheitliche Lage und ihre Bedürfnisse notwendig, um sie bei der zukünftigen Planung von gesundheitsfördernden und von Altenpflegeangeboten auf der politischen und der gesellschaftlichen Ebene besser zu berücksichtigen. Jedoch gibt es in Deutschland wenige Kenntnisse über ältere Migrant*innen: Die Lebenssituation von großen Migrantengruppen wie z.B. aus der Türkei wird zwar erforscht, doch älteren Menschen aus anderen Herkunftsländern wurde bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Im ersten Teil beim Fachtag werden Vorträge als Antwort auf die Frage „Wie geht’s Ihnen heute?“ gehalten, indem die Ergebnisse einer Befragung in Bezug auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Altersbilder bei (ost-)asiatischen älteren Migrant*innen in Berlin vorgestellt und Erfahrungen in Zusammenarbeit mit (ost-)asiatischen älteren Migrantengruppen in der Praxis der Altenhilfe sowie aktuelle Aktivitäten von (ost-)asiatischen älteren Migrant*innen beleuchtet werden. Im zweiten Teil bieten dann drei Diskussionsrunden einen Raum, wo Expert*innen im Bereich der Altenhilfe und ältere asiatische Migrant*innen über Chancen und Herausforderungen zum gesundheits- und teilhabefördernden Leben im Alter in der Migration miteinander diskutiert werden können.
Programm ist hier!
Träger: GePGeMi e.V.
Kontakt: Jieun Park, jieun.park@gemi-berlin.de
Das Projekt wird durch House of Resources Berlin und IKMO gefördert.